Heiß wie die Liebe und beständig wie Marmor – das sind Mamoré. Hinter dem Namen versteckt sich eine Band, die wie der Deckel auf den Eimer des musikalischen Zeitgeistes passt. Seit 2020 lassen Eric (Gesang) und Paul (Bass) aus Erfurt und Jena die Neue Deutsche Welle mit ihrer Musik aufleben. Mit Verstärkung von Mike (Gitarre), Jonathan (Schlagzeug) und Alex (Synthesizer) ist ihnen jetzt der große Wurf gelungen: Anfang Dezember veröffentlichten Mamoré ihr erstes Album, mit dem sie jetzt auf „Thüringen-Derby-Release-Tour“ gehen. Wir sprachen mit den Musikern.
Ende 2021 sprachen wir das erste Mal mit euch. Jetzt ist das erste Album da. Wie ist es euch seitdem ergangen?
Eric: Ich würde sagen, es ist uns sehr gut ergangen. Wir haben Zuwachs von drei netten jungen Männern bekommen und sind jetzt eine Liveband. Außerdem konnten wir unser erstes Studioalbum aufnehmen. Das war eine sehr coole Erfahrung.
Paul: Kleine Musikerträume, die wir damals hatten, wie zum Beispiel eine Platte rauszubringen, sind wahr geworden. Wir haben auf der Fusion gespielt, was zu meinen persönlichen Goals zählt. Allgemein war dieses Jahr voll mit Festivals, und es kommen auch immer mehr Anfragen rein.
Das letzte Mal, als wir euch interviewten, wart ihr noch zu zweit. Mittlerweile zu fünft?
Paul: Wir hatten zwei oder drei Auftritte zu zweit und mit Playback. Eric hat zwar live gesungen, aber ich stand immer mit meinem Bass da und habe so getan, als würde ich spielen, drückte aber einfach bei Play. Das war nichts. So kam uns relativ schnell die Idee, dass wir Unterstützung brauchen. Wir hatten ja zuvor beide schon Erfahrung mit Livemusik gesammelt: Ich in Punkbands und Eric eher in Hardcorebands. Für uns war relativ schnell klar, dass da mehr Energie und Stimmung dahinter ist. Viele meiner Freunde spielen gut Instrumente, also dachte ich mir, dass ich die einfach mal frage, ob die Bock haben.
Eric: Wir haben jetzt Alexander am Keyboard. Der hatte zuvor schon für den Song „Voll im Visier“ ein Keyboardsolo eingespielt. Alle Leute, die jetzt bei uns sind, fanden wir quasi vor der Haustür. Die Chemie stimmt und live passt das sowieso.
Wie ist das jetzt mit der Musikproduktion? Funktioniert das jetzt auch zu fünft?
Paul: Bei den alten Sachen habe ich das Instrumental geschrieben, Eric hat es quasi fertiggemacht und dann spielten wir es gemeinsam ein. Bei den neuen Sachen treffen wir uns im Proberaum und überlegen uns das zusammen.
Eric: „Keine Bewegung” ist zum Beispiel nur im Proberaum entstanden. Das Finetuning am einzelnen Lied ist zu fünft einfach cooler, denn alle haben mal eine schöne Idee für einen Fill oder Ähnliches. Wir besitzen alle sehr ähnliche Geschmäcker, wodurch wir gut auf einen Nenner kommen.
Die Ähnlichkeit eurer Songs zur Musik von Falko ist krass. Was inspiriert euch?
Eric: Es ist vor allem Musik, die ich früher über meine Mutti gehört habe. Mein Papa ist eher der Rockabilly-Mann, aber auch da gab es damals schon Klavierbegleitung. Dazu kommen punkigere Sachen, die schon früh an der Neuen Deutschen Welle kratzten. Für mich hat immer schon irgendetwas mit Tasten dazugehört und deswegen hat es mir gut in die Karten gespielt, dass Paul so ein kranker Synthesizer-Mann ist (lacht).
Eric, dein Gesang ist wirklich einzigartig intoniert. Kommt das ganz natürlich oder kultivierst du den?
Eric: Ich habe von Natur aus eher eine nasale, hohe Stimme, ohne mich da schlechter zu reden, als ich bin. Mein Vater singt ebenfalls in einer Band, sehr ähnlich, wie ich es jetzt probiere. Bevor ich irgendwie wie in einer Hardcoreband herumschreie, ist das so das perfekte Bindeglied. Nicht zu soft, nicht so hart, einfach mit etwas Druck. Das machte ich mir irgendwann einfach so zu eigen. Ich bekam immer positive Resonanz und nun ist es zu unserem Merkmal geworden.
Paul: Ich habe auch immer darum gebeten, dass er das so machen soll. Mir geht das bei viel aktueller Musik auf die Nerven, dass es alles so glattgebügelt ist. Das heißt nicht, dass ich glattgebügelte Musik schlecht finde, aber der Gesang klingt immer gleich so normal und das ist auch etwas, was ich an der Neuen Deutschen Welle total geil finde, dieses stark Expressive, etwas übertrieben betonen, wie das „R“ mit der Vorderzunge rollen.
Beschreibt doch mal euer neues Album „Mamoré“ in vier Worten.
Eric: Vielfältig und dreckig.
Paul: Ich würde schnell und rockig sagen.
Eric: Auch geil.
Was beschäftigt euch auf der Platte? Die Liebe?
Eric: Ja. Mich beschäftigt die Liebe. Immer. Eigentlich eher im positiven. Ich bin sehr gern ein liebender und gebender Mensch und hab eigentlich gar nicht so viel Herzschmerz. Aber ich versetze mich dann doch gerne in die Herzschmerzlage. Vielleicht, weil ich gerade dankbar bin, dass ich das nicht habe.
Paul hat dann meistens schon die Synthesizer-Sounds parat und dann wird der Text darübergelegt?
Paul: Ich glaube, wir haben noch nie wirklich mit dem Text angefangen. Reime oder Vierzeiler schreibt Eric aber schon auf, wenn er Ideen im Kopf hat. Und dann ist ein Song relativ schnell zusammengebastelt. Das passiert aber mittlerweile überwiegend im Proberaum. Da mache ich was an und Eric sagt: „Ah, Moment, das hört sich an, wie diese eine Passage”, dann holt er seine Handynotizen raus und beginnt zu scrollen (lacht).
Eric: Wenn ich was Cooles höre oder jemand was Cooles sagt, dann schreibe ich das auf. Das versuche ich dann einzuarbeiten, sodass es ein Text wird, der nicht nur wiedergibt, was ich sagen will, sondern auch, was ich so wahrnehme. Das fließt alles mit in die Texte ein, damit diese natürlich ein bisschen kitschig, aber auch authentisch werden.
Ihr seid bis dato viel herumgekommen. Dieses Jahr spieltet ihr sogar auf dem Fusion Festival, wie du schon erwähnt hast, Paul. Wie war das?
Paul: Witzig. Wir sind Mittwoch angereist und Freitag spielten wir. Das war natürlich eine Herausforderung. Außerdem kam die Ansage an die Jungs oder eher an mich, dass Donnerstag nicht zu viel getrunken wird. Unser Schlagzeuger hat dann aber einfach eine Flasche Obstler aus dem Rucksack geholt. Das war schlimm. Zudem wussten wir nicht, dass der Hangar, in dem wir spielen, vor dem Konzert geschlossen ist und niemand rein kann. Als wir da ankamen, standen da fünf Leute, die dort arbeiteten, und ich dachte mir so: „Fuck, niemand da”. Zudem hatte ich aufgrund des Obstlers einen übelsten Schädel.
Dann kam der Bühnenmanager und meinte „noch fünf Minuten Jungs”, also haben wir uns ganz gechillt gesammelt und sind zusammen auf die Bühne. Und plötzlich war dieser ganze Hangar komplett gefüllt. Das war schon Wahnsinn. Es gab sogar Einlassstopp und das ist auf der kompletten Fusion nur drei Mal passiert. Leider ging der erste Scheinwerfer an und der Kater kickte noch mal richtig. Aber sonst war es sehr geil (lacht). Vor allem dieser Taumel von „Ah, schade, es kommt niemand” hin zu dieser komplett vollen Halle. Das war schon richtig abgefahren.
Eric: Ich habe die ähnliche Erfahrung gemacht wie Paul, nur mit einer anderen Anreise. Ich bin erst Freitag nach der Arbeit dort erschienen. Zudem habe ich kein gutes Namensgedächtnis und ich bin auch nicht viel auf Festivals, vor allem auf keinen elektronischen. Deswegen klang die Fusion für mich erst wie ein x-beliebiges Festival. Im Vorfeld informierte ich mich auch nicht wirklich, wenn ich ehrlich bin. Und dann fahr ich so auf dieses Gelände, werde von einem umgebauten Auto abgeholt und sehe erst mal, wie unglaublich riesig das alles ist. Wir machen auch jedes Jahr mit der Familie Urlaub an der Müritz und hören das Festival. Meine Eltern beschweren sich jedes Mal über die Lautstärke des Open Airs und dass da nur Hippies sind. Jetzt spiele ich da einfach selbst.
Ähnlich wie Paul hatte ich Angst, dass der Hangar leer bleibt. Ich dachte mir: Da sind so viele fette Acts auf dem Festival, wer will sich schon so eine No-Name-Band aus Thüringen anhören? Und dann ist die Halle auf einmal gerammelt voll gewesen. Das war krass. Für mich war das wie ein Fiebertraum. Ich war auf der Bühne, aber hab keine Erinnerung daran. Alles, was ich weiß, ist, wie überwältigt ich war, wie viele Leute dort standen und Spaß hatten. Das war top.
Bald könnt ihr wieder auftreten und das Gefühl wiederholen, denn es gibt demnächst gleich zwei Release-Konzerte.
Eric: Ich würde das einfach mal die Thüringen-Derby-Release-Tour nennen. Konzerte sind für den 29. Dezember in der Engelsburg Erfurt und für den 26. Januar im Kassablanca in Jena geplant. Der Großteil unserer Band kommt aus Jena, ich komme aus Erfurt und unsere ganzen Freundeskreise werden dabei sein. Wir möchten einfach eine fette Freunde-Show spielen, bei der alle Spaß haben können.
Paul: In Leipzig wird es auch einen Auftritt geben, aber dafür haben wir momentan noch kein Datum.
Ihr habt bereits das Kalif Storch in Erfurt ausgefüllt, als ihr dort gespielt habt. Die Engelsburg könnte dann ein bisschen zu klein für euch werden, oder?
Eric: Das ist ja gerade geil. Ich als Erfurter habe meine 20er in der Engelsburg verbracht und bin ein großer Fan von Clubs, in denen man richtig schwitzt und die Luft steht. Ich mag das Kalif echt gerne, aber die Burg ist für mich ein Highlight, einfach weil ich schon so oft selbst dort war und schon immer mal dort spielen wollte. Durch Bandfreunde wurde mir dieser Wunsch jetzt erfüllt.
Das Äquivalent zur Engelsburg wäre in Jena doch eigentlich der Rosenkeller gewesen, oder Paul?
Paul: Eigentlich schon. Ich habe aber im Kassa gearbeitet und finde die Leute da echt nett (lacht). Aber eigentlich bin ich auch eher ein Fan von kleinen Veranstaltungsorten. Lieber ein Raum, in den nur 100 Leute reinpassen, aber dann 99 reinlassen als ein Raum, wo 200 Menschen rein können, aber letzten Ende nur 150 kommen. Hauptsache, es ist richtig voll. Da ist mehr Stimmung und es ist wilder.
Eric: Da entsteht immer so ein ganz lustiger Andrang. Die 100, die reinkommen, sind auch die, die unbedingt pünktlich für die Show sein wollen und wirklich Bock haben. Das finde ich schon ganz chic.
Auf was können sich die Fans bei euren Release-Derby-Konzerten freuen?
Eric: Freut euch auf tolle Livestimmung und auf alles, was kommt. Bussi (lacht).
Paul: Also ich freue mich darauf, alle wieder zusehen, lecker Bierchen zu trinken und Party zu machen.
Hard Facts:
- Release-Konzerte: 29. Dezember | Engelsburg Erfurt
- 26. Januar | Kassablanca Jena
- Mehr: www.mamore.de