Es war einmal vor langer, langer Zeit, da gab es in Bad Klosterlausnitz ein paar junge Menschen, die Technomusik liebten. Junge Leute, die in den Wirren der Nachwendezeit einen Ort suchten, wo sie ihrer Leidenschaft zur Musik und ihren Idealen abseits des Mainstreams einen Raum geben konnten. Es war 1994, als sie den Samen der Subkultur in einem Wald in Ostthüringen säten, um eine Legende zu schaffen – die Legende der Muna.
Muna in Bad Klosterlausnitz – die Thüringer Club-Legende
Auch wenn es sich fast zu sagenhaft anhört, kann man doch mit Fug und Recht behaupten, dass dies wirklich der Beginn eines Märchens ist – das Märchen eines Clubs, der die Zeiten überdauerte und mittlerweile zu den ältesten seiner Art in Deutschland gehört. Ein Club, der mehr ist, als das, was er zu sein scheint. Denn hinter dem Namen Muna verbirgt sich nicht nur der wahrscheinlich erste deutsche Tanztempel abseits der Großstadt, sondern ebenso ein Verein, eine Kommune und eine Idee, die im Berlin der 90er keimte und in der Thüringer Provinz auf nahrhaften Boden fiel.
„Muna“ bedeutet so viel wie Munitionsnachschublager
Anfang des 20. Jahrhunderts bekam dieser Ort seinen Namen. Muna, das bedeutet so viel wie Munitionsnachschublager. Bereits im Zweiten Weltkrieg so genannt, hat die Bezeichnung des Ortes die Jahre überdauert. Wo seit nunmehr 22 Jahren ein Club residiert, war vor etwa 73 Jahren ein Außenlager des KZs Buchenwald, welches im Februar 1945 von den Alliierten befreit wurde und durch die Neustrukturierung Deutschlands an die russischen Besatzer fiel. Zu DDR-Zeiten nutzte die Nationale Volksarmee das etwa 250 Hektar große Gelände, das im Zuge der Wende in Vergessenheit geriet, und 1994, nach langem Leerstand, von jungen Menschen, die in Berlin Bekanntschaft mit der Technokultur machten, durch eine spontane Idee von seinem schweren Erbe befreit wurde.
Muna Open Air Trailer:
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4. Muna Open Air – Trailer from Muna Rockt on Vimeo.
„Anfang der 90er gab es noch nicht so viele Regeln. Damals wollten einfach ein paar junge Menschen, die oft nach Berlin fuhren, um Techno zu hören, gemeinsam feiern. Und zwar genau zu der Art von elektronischer Musik, die damals in Thüringen fast unbekannt war“, schildert Marco Hauschild, einer der Vorsitzenden des „Moonray Spirit e.V.“, der hinter dem Club in Bad Klosterlausnitz steht, die ersten Tage der Muna.
Muna steht für:
Bunt und farbenfroh, für ein entspanntes gemeinsames zusammen Feiern auf der Muna!
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No Racism, No Homophobia, No Sexism
Gepostet von Muna am Donnerstag, 8. März 2018
Einer Art Hippiekommune in verlassenen Räumlichkeiten
„Ein Freund, Fischi, hatte damals Kontakt zu DJs aus Berlin und wollte seinen Geburtstag mit seinen Freunden und seiner Musik in seiner Heimat feiern. Auf der Suche nach einem Raum kam diese verlassene Kaserne, inmitten des Waldes, ins Gespräch. Kurzerhand beschloss man DJs aus der Hauptstadt einzuladen und stellte die erste Technoparty in den Räumen des alten NVA-Kinos auf die Beine. Über 100 Menschen kamen damals“, erinnert sich Marco. „Die Leute
fanden die erste Feier so gut, dass sie Anfang November 1994 die erste halboffizielle Technoparty auf dem Muna-Gelände veranstalteten.“
Technopartys in der Provinz
Zunächst erschien das Konzept von Technopartys in der Provinz, mitten im Wald, absurd. Doch die Großstadt-DJs waren begeistert von der etwas anderen Location. Zwei Jahre lang nutzen die jungen und engagierten Muna-Gründer das Gelände, ohne dass es irgendjemanden störte. Sie zogen in einer Art Hippiekommune in die verlassenen Räumlichkeiten ein und wurden vom damaligen Verwalter, der mit den jungen Menschen sympathisierte, weil sie Leben in den Wald brachten, toleriert.
Das Muna Radio:
Mit dem Tod jenes Mannes fiel das Areal an die Gemeinde, die fortan Miete von den „Technohippies“ verlangte. Ein Verein wurde gegründet, um dem ganzen Projekt eine Struktur zu geben und um einen offiziellen Ansprechpartner für die Behörden zu schaffen. „Moonray Spirit e.V.“ war geboren. Bis 1998 feierten die „Muna“-Gründer daraufhin „immer mal wieder Partys“, denkt Marco zurück. „Erst als im selben Jahr ein festangestellter Verwalter für den Verein und das Projekt eingesetzt wurde, verlief das Vorhaben in geregelten Bahnen.“
„Groove“ kürte Muna zum zweitbesten Club Deutschlands
Jeff Mills und Westbam waren die ersten großen DJs, die in den Wald nahe Hermsdorf kamen. Mit den bekannten Künstlern gelangten auch die Besucher in das beschauliche Bad Klosterlausnitz. Der Club nahm weiter an Fahrt auf. „Es lief einfach gut. Es gab Menschen, die Lust auf Techno hatten und von weit her kamen, um in der Muna zu tanzen“, blickt der 39-Jährige zurück. „Unter den Besuchern waren damals auch die Gründer des Sonnemondsterne-Festivals. Die Jungs kannten uns und waren Freunde; deshalb fragten sie uns, ob wir nicht einen Dancefloor bei der Technoparty an der Bleilochtalsperre gestalten wollen.“ Das ganze Muna-Konzept bekam dadurch über Nacht eine neue Dimension. Dank des Pools an kreativen Leuten, aus dem der Verein durch das stetige Wachstum schöpfen konnte, wurde ein neues Level erreicht. Die Hoch-Zeit des Technoclubs begann. „Von 2000 bis 2005 kam die ganze Welt in die Muna.“ Laut Marco überschlugen sich die Ereignisse. Hunderte Menschen pilgerten einmal im Monat nach Bad Klosterlausnitz, um den Geist des Technos zu spüren. Die renommierte Szenezeitschrift „Groove“ kürte die Muna in ihren Jahrescharts zum zweitbesten Club Deutschlands. „Das war wie ein Ritterschlag“, scherzt der 39-Jährige.
Für mehr freshe News und geilen Scheiß:
„Wir dachten nie daran aufzugeben“
Im Jahr 2005 dann der nächste große Wurf. „Moonray Spirit“ und die Gemeinde Bad Klosterlausnitz schlossen einen Vertrag über den Mietkauf des Geländes und der Gebäude ab. „Bis 2010 lief alles wie im Märchen. Doch dann bekamen auch wir zu spüren, dass die Elektrokultur in der Gesellschaft angekommen war. Überall wurden Clubs aus der Erde gestampft. Techno war plötzlich allgegenwärtig.“ Marco räumt ein, dass es auch schwere Zeiten gab. „Es kamen weniger Menschen in den Club. Doch wir dachten nie daran aufzugeben“, fügt er an.
Muna wird Vereinseigentum
Der Verein musste lernen zu haushalten. Die Gründer waren erwachsen geworden. Nach 15 Jahren stand eine neue Generation in den Startlöchern, die dem Verein eine Frischzellenkur verpasste. Die Kinder derer, die in den 90ern in die Muna zum Tanzen gingen, entdeckten den Verein und die Location für sich. Das Projekt differenzierte sich immer mehr aus. 2015 bezahlte der „Moonray Spirit Verein“ die letzten Euros, die das Gelände zum Vereinseigentum machten.
Seit 2012 gibt es das Muna-Open-Air
Unter dem Motto: „Wir verfolgen kein Ziel. Wir machen das, was uns Spaß macht!“, hat es das Muna-Team geschafft, dass der Samen der Subkultur weiter gedeihen konnte. Was 1994 als Ideal abseits vom Mainstream entstand, trägt nunmehr Früchte. „Die Muna ist einer der wenigen deutschen Clubs, die seit so langer Zeit existiert und ich glaube unter den alten deutschen Clubs der Einzige, der noch nie umziehen musste“, schwärmt Marco, der viele weitere Erfolge anführen kann: „Wir schaffen es, DJ-Größen wie Ricardo Villalobos, DJ Hell, Carl Craig und Shy FX in die Thüringer Provinz zu holen. Seit 2012 feiern wir einmal im Jahr unser eigenes kleines Festival, das Muna-Open-Air. Unser Club-Logo gewann einen Designpreis. Wir waren beim Melt!-Festival und beim Nachtdigital mit eigenen Floors vertreten und bespielen noch immer das Sonnemondsterne- Festival, das mittlerweile zu den größten Elektrofestivals Deutschlands zählt.“
„Muna muss jeder für sich selbst entdecken“
In diesem Jahr nahm die Muna zum ersten Mal als Vereinigung am Straßenfest in Hermsdorf teil. Den örtlichen Jugendlichen stellte der Verein eine Skateboardrampe, ein Basketballfeld, Tischtennisplatten und Raum zum Abhängen zur Verfügung. „Paracou“, Muna-Spross und Bookingagentur, wurde ins Leben gerufen und fördert mit der Hilfe von DJ-Größe und Muna- Resident, Mathias Kaden, junge, regionale Nachwuchskünstler wie Franz!, Lydia Eisenblätter und Max Nippert. „Muna-Musik“, ein vor zwei Jahren gegründetes Plattenlabel, veröffentlicht unter dem preisgekrönten Logo des Clubs Techno- und Housemusik. Und auch Marco Hauschild selbst baute – inspiriert durch den „Muna-Spirit“ – die Agentur „Hauschild und Opitz“ auf, die Künstler bei Großveranstaltungen betreut und mittlerweile international agiert.
Das kann man nicht mit Worten beschreiben …
Viel ist in den letzten Jahren passiert – zu viel, um alles in einem Text fassen. Im November feiert die Muna 25. Geburtstag. Doch bereits zuvor holt „Moonray Spirit“ große Thüringer DJ-Namen ins kleine Bad Klosterlausnitz. Norman Weber & Franz!, Thomas Stieler & Iris Menza, sowie Max Nippert & Jamy Wing sollen das nächste Kapitel der Muna-Legende eröffnen. Eine Legende, die zu sagenhaft ist, um sie wie ein herkömmliches Märchen auf Papier zu bannen. Oder um es mit den Worten des 39-jährigen Vereinsvorstandes zu sagen: „Muna muss jeder für sich selbst entdecken. Das kann man nicht mit Worten beschreiben …“
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