Blaumachen. Einfach mal die Seele baumeln lassen und dabei gute Musik hören. Einen entspannten Sommertag genießen und neue Indie-Bands entdecken. Hört sich gut an? Dann solltet ihr euch den kommenden Samstag dick im Kalender anstreichen, denn dann findet in Erfurt am Zughafen das erste Blaumachen Festival statt. Elf Künstler:innen werden euch auf zwei Bühnen den Tag versüßen. Unter ihnen: die Band Temmis, die mit ihrer Mischung aus Post-Punk und New-Wave den Sound der gerade aufkochenden neuen Neue Deutsche Welle prägen. Kühle Klänge. Elektronisch. Zum Teil melancholisch. Das zeichnet den Sound von Roman, Tizi, Alex und Emil aka Temmis aus. Wir sprachen vorab mit der Band, um mehr über die Indie-Newcomer zu erfahren.
Starten wir mit einer kurzen Assoziationsfrage … Welche Mate-Sorte ist Temmis?
Emil: Die Annahme, dass wir alle Mate trinken, stimmt schon. Aber es gibt keine eindeutige Antwort. Die schönste Antwort wäre wahrscheinlich die zuckerfreie ChariTea, weil Tizi (Gitarrist, Anm. d. Red.) harter Verfechter dieser Variante ist. Aber die Wahrheit ist, dass sonst viel Club Mate getrunken wird.
Roman: Ich würde ungern meine Band mit Mate assoziieren.
Alex: Wasser – bestes Getränk! Stilles Wasser …
Roman: Nee, Wasser mit Sprudel wahrscheinlich. So richtig doll sprudelig!
Euer Bandname Temmis erweckt schnell die nahe liegende Assoziation zu Tennis. Was steckt hinter eurem Namen, wieso ist es der geworden?
Roman: Ich habe über Jahre hinweg eine Liste mit Bandnamen gemacht, wo ich irgendwann auch random Scheiß reingeschrieben habe. Und ich wollte irgendwann mal „Tennis“ aufschreiben, habe mich aber verschrieben und es nicht gemerkt. Und dann brauchten wir eine Woche vor einem Konzert einen Bandnamen und haben einen der dümmsten genommen … Wir haben uns aus Zufall für Temmis entschieden. Ist doch auch Klischee, so einen bedeutungsvollen Bandnamen zu haben. Ist halt einfach ein Wort, was komplett bedeutungsfrei ist, aber solange es in Capslock geschrieben ist, sind wir zufrieden. (Anm. d. Red.: Capslock = englische Bezeichnung für Feststelltaste, die dafür sorgt, dass immer in Großbuchstaben geschrieben wird. P. S.: Sorry Temmis, in der Tageszeitung schreiben wir Begriffe nicht in Versalien. Darunter muss auch euer Wunsch leiden.)
Wie würdet ihr den Sound von Temmis beschreiben?
Roman: Unsere Musik ist oft tanzbar, manchmal nicht tanzbar. Sie ist oft melancholisch, manchmal ist sie auch happy. Manchmal ist der Sound düster, manchmal hell. Elektronisch, manchmal ist er rockig … es ist schwierig.
Alex: Manchmal höre ich unsere eigene Diskografie an und sieben Songs klingen wie von fünf verschiedenen Bands. Aber das ist ja auch schön. Das hält es interessant. Wir denken oft: „Was tut dem einzelnen Song am besten?“.
Roman: Ich find‘s auch einfach viel geiler, wenn Leute den Namen Temmis und die Energie und den Charakter, der da durchspricht, kennen. Und sich dann immer wieder aufs Neue überraschen lassen. Hört’s euch einfach an!
Bis jetzt gibt’s zwei Veröffentlichungen von euch – „Wenn du da bist“ und „Klinge“. Für mich hört sich „Wenn du da bist“ noch etwas getriebener, roher an, wohingegen „Klinge“ mich einfach umgehauen hat mit dieser düsteren, atmosphärischen Melancholie. Inwiefern war das Arbeiten an beiden Releases anders?
Roman: Die erste EP – „Wenn du da bist“ – ist sehr schnell entstanden. Wir haben Emil, unseren Drummer, kennengelernt, und haben das nicht gemacht, um etwas zu veröffentlichen. Sondern für die Energie des Zusammenspielens, aus einer Obsession für Bands und Auftritte heraus. Dann war der nächste Schritt, eine EP zu produzieren, und die fängt diese Energie von dieser Phase ein. Deswegen geht sie so nach außen, ist irgendwie extrovertiert. Nach dem Release ist sehr viel passiert, was wir auch selbst nicht gedacht hätten. Der Grund, warum die „Klinge“-EP so klingt wie sie klingt, ist, dass wir uns Sound-technisch wieder nach innen gekehrt haben. Bisschen introspektiver, mehr eine eigene Welt erschaffen, weil um uns herum schon so viel abgeht. Das ist auch das Geile am Verlauf dieser Band, dass wir nicht einen Sound hatten, sondern es sich entwickelt und jede EP anders ist. Wenn man Temmis-Fan ist, dann kann man das miterleben.
Was sind eure musikalischen Inspirationen und Einflüsse?
Roman: „The Strokes“ und „Arctic Monkeys“ waren Gründe, warum wir gelernt haben, als Band zusammen zu spielen, weil wir auch sowas machen wollten. Es gibt eine Tübinger Band, die die wildesten Konzerte gespielt hat und mit der wir uns dann angefreundet haben: Lummerland. Was unsere Performance und unsere Energie auf der Bühne angeht, war sie ein Einfluss. Musikalisch gesehen sind Crystal Castles, The 1975, The Smiths naheliegend, aber auch ERRdeKa, Cocteau Twins … Unsere Musik klingt nicht so, als ob sie durch eine spezifische Band inspiriert ist. Wir lassen uns eher von einzelnen Songs inspirieren.
Alex: Das waren auch die ersten Lieder, die wir als Band zusammen gecovert haben. Das ist ja irgendwie ein Standardmove, dass man erstmal ein Lied der Strokes oder Arctic Monkeys covert. Ist halt einfach perfekt als Band, um reinzukommen, denn die Lieder haben einen mittleren Schwierigkeitsgrad und sind gut geschrieben.
Roman: Von der DNA her sind wir eigentlich eine Indie-Band. Auch, wenn die Musik natürlich jetzt sehr wild klingt. Aber unsere DNA ist auf jeden Fall Indie. Früher habe ich manchmal gesagt, unsere Musik ist wie ein Referat, weil sie voller Referenzen ist.
Roman, du bist verantwortlich für eure Texte, die maßgeblich dazu beitragen, dass man eurer Musik eigentlich nur verfallen kann. Wie ist dein Schaffensprozess beim Schreiben? Woher nimmst du deine Ideen?
Roman: In der Anfangsphase habe ich englische Songs ins Deutsche übersetzt. Das klang natürlich komisch, weil es nicht direkt übersetzbar ist. Dann habe ich einen eigenen Ansatz herausgearbeitet, der mir gar nicht so bewusst ist. Ich schreibe einfach Songs über mein Leben und deswegen sind die auch so persönlich. Ich glaube, deswegen tendiert unsere Fanbase auch dazu, einen sehr emotionalen Bezug zu unserer Musik zu haben. Richtig oft ist es so, dass ich einen Song schreibe und ein paar Monate später verstehe ich auf einmal, wovon er handelt. Oder die Sachen passieren, worüber ich geschrieben habe. Manchmal denke ich, es ist wie magic! Ich schreibe eher assoziativ und denke mir: „Boah, das ergibt gar keinen Sinn, was ich gerade schreibe.“ Aber ich lasse diesen Assoziationen und unbewussten Prozessen in meinem Kopf freien Lauf. Und wenn man ein bisschen Distanz dazu gewinnt, erkennt man auf einmal einen sehr klaren roten Faden. Die ganzen Dinge, die man unbewusst in dem Moment schon geahnt hat, ergeben sich dann später im Leben. Es ist überhaupt nicht alltäglich für mich, ich finde es immer wieder geil, wie sich die Songs bewahrheiten. Aber freut mich, dass es sogar einer Literaturstudentin gefallen kann (lacht).
Zu guter Letzt: Wann können wir neue Musik von euch erwarten?
Roman: Wir haben erst zwei Mal was released, was crazy ist. Uns gibt’s auch noch nicht sooo lange, gerade mal zwei Jahre. Jetzt langsam wird’s auf jeden Fall wieder Zeit und wir arbeiten viel daran
Emil: Ich glaube, man kann es so sagen: Zu dem Zeitpunkt, an dem wir in Erfurt sind, sollte sich was getan haben.
Roman: Dann kommt aber auch mehr. Wir haben eine gewisse Zeit gebraucht, um uns an das ganze Chaos zu gewöhnen und Schaffensprozesse neu zu kalibrieren. Und jetzt sind wir auch ready, wieder Sachen zu releasen. Und es wird wild, auf jeden Fall! Erstmal einfach weiter unsere Fühler ausstrecken, das ist die Devise. Wir freuen uns auch schon, diese Welt zu vergrößern und zu diversifizieren. Ein Temmis-Release ist immer auch eine Überraschung.
Hard Facts:
- Temmis in Erfurt beim Blaumachen Festival: 15. Juli
- Zum Güterbahnhof 20
- blaumachenfestival.de
- Temmis bei Insta: @temmissss
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