Der Komponist, Musikproduzent, DJ, Live Act und Audio-Spezialist Ben Haviour aus Weimar verortet seine musikalischen Wurzeln eigentlich in Genres wie Punkrock, Metal, Blues- und Jazz- Rock. Deshalb ist es umso überraschender, dass der ehemalige Bauhaus-Uni-Student sich seit geraumer Zeit der elektronischen Musik widmet. Sein Hintergrund als Multi- Instrumentalist in Bands verschiedenster Genres bildet jedoch einen facettenreichen Pool an Inspirationen. Am 29. September veröffentlicht Ben mit „Melancholy Rave“ sein Debüt Album. Wir sprachen mit dem Wahlweimarer.
Hey Ben, seit wann genau machst du Musik?
Seit ich neun Jahre alt bin. In meiner Kindheit hatte ich Klavierunterricht, später lernte ich noch Bass, Gitarre und Schlagzeug. Danach spielte ich in Bands verschiedenster Genres, von Punkrock und Metal über Blues bis hin zu Jazz-Rock. 2010 zog ich für mein Studium an der Bauhaus-Universität nach Weimar. In dieser Zeit habe ich dann angefangen, mich intensiv mit elektronischer Musik zu beschäftigen.
Wie bist du zu elektronischer Musik gekommen?
Kurz bevor ich nach Thüringen zog, lernte ich mit Aphex Twin und Boards of Canada, bedeutende Produzenten der elektronischen Musikszene, kennen. Das erweckte das Interesse für die Welt der Breakbeats und Synthies. Ich fragte mich, wie die das machen (lacht). Ein Freund gab mir dann eine Version der Musiksoftware Ableton Live und ich probierte die vielen Funktionen aus. Drei Jahre beschäftigte ich mich damit und eignete mir ein vielseitiges Grundwissen an. An der Universität studierte ich mit dem Schwerpunkt Sounddesign und konnte noch jede Menge zusätzlich lernen.
Du produzierst cutting-edge Electronica aus digitaler Synthetik und rohem Post Rock. Schlagwörter wie Power Ambient, Techno und Electronica fallen. Wie verortest du deine Musik?
Das ist schwer zu sagen. Ich sammelte schon in den verschiedensten Stilrichtungen meine Erfahrungen, deshalb interessiert mich auch ziemlich viel. Und es kommen auch immer unbewusst Elemente anderer Genres dazu. Mein Ziel ist es, eine Kombination aus elektronischer Musik und Post-Rock zu kreieren. Besonders Bands wie Placebo und Sigur Rós prägten mich. Das funktioniert mal besser, mal schlechter (lacht). Dadurch kommt auch so ein bunter Mix heraus.
Du bist ein Kind der 90er Jahre – was macht das mit deinem Sound?
Meine Kindheit hat einen großen Einfluss auf meine Musik. Auf meinem Debüt-Album singe ich auch wieder, das habe ich vorher lange Zeit nicht gemacht. Ich verspüre bei meinen Singles einen gewissen 90er-Vibe. Vieles, was ich mit meiner Kindheit und Jugend verbinde, wie der VHS-Sound oder die Skate-Videos, versuche ich immer ein Stück weit mit in meine Musik einzubinden. Das zeichnet die Sounddesigns der einzelnen Titel auch aus.
Für dein Debütalbum hast du dich mit einem Prophet Synthesizer in ein Hotelzimmer in Leipzig eingeschlossen? Warum?
Ich wollte einfach einen neutralen Ort zum Arbeiten haben. In meinem gewohnten Umfeld bekomme ich meinen Kopf nicht frei von den alltäglichen Gedanken und Eindrücken. Davon wollte ich mich loslösen und eine Umgebung schaffen, in der ich nicht von außen beeinflusst werde. Auf diese Art konnte ich mich konzentrieren und meiner Kreativität freien Lauf lassen.
Hattest du spezielle Einflüsse, die dich bei deinem neuen Album inspirierten?
Mich inspirieren hauptsächlich Künstlerinnen und Künstler, die das Interesse für diese Musikszene überhaupt erst in mir weckten. Daneben spielen Erfahrungen und Erinnerungen aus meiner Kindheit eine große Rolle. Auch die wunderschönen Landschaften in Thüringen wirken sich positiv auf meine Kreativität aus. Deswegen wohne ich auch in Weimar. Hier komme ich schnell mal aus der Stadt raus in die Natur. Das ist auch sehr wichtig für meine mentale Gesundheit.
Dein Debüt Album heißt „Melancholy Rave“ – ein scheinbarer Widerspruch, weil Rave so gar nicht melancholisch ist. Warum der Name?
Der Name soll die beiden gegensätzlichen Welten miteinander verbinden. Die Moll-Tonart, die Klangflächen und die ausgedehnten Akkorde erzeugen diese gewisse Melancholie, während sehr pulsierende Rhythmen eine Rave-Atmosphäre hervorrufen. Das ist eine noch ziemlich unberührte Musikrichtung und darin habe ich meine eigene Nische gefunden.
Dein Sound, gerade auf dem Album, ist mehr Ambient oder Electronica. Auf früheren Veröffentlichungen warst du Technoider. Wie kommt’s? Hat das mit den Soundtracks zu tun, an denen du in den vergangenen Jahren beteiligt warst?
Hauptsächlich liegt es an den Soundtracks. Aber auch, weil mich die Techno-Szene aktuell nicht besonders interessiert. Innerhalb der Szene passieren gerade viele Veränderungen. Vor allem Remixe von älteren Pop-Songs sind derzeit beliebt, das finde ich aber überhaupt nicht spannend. Es gibt natürlich immer noch den klassischen, melodischen Techno. Ich möchte mich allerdings nicht auf ein Genre fokussieren.
Was gefällt dir an Weimar?
Weimar als Stadt hat eine angenehme Größe zum Leben. Weimar ist nicht zu klein, aber auch nicht zu groß. Durch die Bauhaus-Universität und die Hochschule für Musik Franz Liszt ist man unter Musiker:innen und Künstler:innen bestens vernetzt. Alles in allem besitzt Weimar eine wunderschöne Atmosphäre.
Können wir uns auf eine Tour freuen?
Da arbeiten wir aktuell noch dran. In Dresden trete ich dann am 4. November live auf. Durch die Corona-Pandemie bin ich in den letzten drei Jahren nur einmal aufgetreten, zwischenzeitig spielte ich auch in einer anderen Band Schlagzeug. Deswegen fange ich jetzt eigentlich wieder bei Null an. Vor allem die Netzwerke sind durch Corona weggefallen. Zusammen mit meinem Verlag suche ich aktuell eine Agentur, die mir hilft, wieder Strukturen aufzubauen.
Hard Facts:
- Die unfreiwillige Feuerwehr: 29. & 39. September sowie 1. Oktober
- Kulturschlachthof | Jena
- Eiermannbau: 25. Oktober | Apolda
- Mehr: www.freie-buehne-jena.de
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