Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown #2 mit Andreas Münkwitz vom Rosenkeller Jena
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir nach einem Jahr Shutdown erneut mit Andi, dem Kulturkoordinator im Rosenkeller Jena. Anfang 2012 hat er im Rosenkeller als Student in der Gastro angefangen und jetzt liegt die komplette Veranstaltungsorganisation in seiner Hand. Der Rosenkeller ist der zweitälteste Studentenklub Deutschlands. Seit 1966 gibt es ihn schon – also 54 Jahre. Im Rosenkeller gibt es die unterschiedlichsten Veranstaltungen: Von regelmäßigen Studierendenpartys, Fachschaftspartys über die verschiedensten Konzerte bis hin zu Lesungen.
Wie sieht aktuell die Lage bei euch/dir aus?
Die Lage ist aktuell noch ungewiss. Wir hangeln uns von Förderantrag zu Förderantrag und hoffen immer darauf, dass die staatlichen Hilfen bei uns greifen. Außerdem rufen weiterhin auf, uns mit Spenden unter die Arme zu greifen. Wir schlagen uns aber bisher relativ annehmbar durch. Auch weil uns unser Vermieter (FSU Jena) mit den Zahlungen der Miete und den Nebenkosten entgegen kam. Abgesehen davon stecke ich gerade schon mitten in der Planung für unseren 55. Geburtstag dieses Jahr im Mai. Wir geben die Hoffnung nicht auf, wieder zu veranstalten und vielleicht wird sogar ein Open Air möglich sein. Das alles natürlich mit einem stark durchdachten Hygienekonzept.
Die leere Bühne im Rosenkeller. Foto: Rosenkeller e.V.
Wie steht es um die Finanzen, gab es Hilfe von außen?
Letztes Jahr haben uns die staatlichen Hilfen, wie die Soforthilfe, und jetzt die Novemberhilfe und Überbrückungshilfe II geholfen. Andererseits sind wir aufgrund nicht förderfähiger Kosten auch aus anderen Hilfsprogrammen rausgefallen. Für unser Programm ist vor allem das Neustart Kultur Programm eine Hilfe gewesen, damit wir dieses Jahr Veranstaltungen umsetzen können. Dazu kommt auch noch eine große Anzahl an privaten Spendern, die uns über die schwere Zeit hinweg helfen. Seien es Leute direkt aus dem Klub oder Stammgäste, oder auch Leute, die einfach nur die Kulturszene unterstützen möchten. Dafür ein riesiges Danke! Die Finanzen in der Kulturbranche sind trotzdem immer knapp und wir versuchen so viel einzusparen wie möglich, um nach dem Lockdown wieder mit voller Kraft angreifen zu können.
Was hat sich im vergangenen Jahr alles verändert? (Umstrukturierungen, etc.)
Der Verzicht auf so gut wie jegliche Veranstaltungen stellte uns vor viele neue Herausforderungen. Unsere Gastronomie wurde komplett in Betriebsruhe versetzt und befindet sich aktuell auch noch auf Kurzarbeit. Unsere Minijobber sind seit März 2019 ohne Einkommen und haben sich teilweise zwangsläufig andere Jobs suchen müssen. Dazu kam viel Aufwand für die ganzen Förderanträge, die wir personell aber relativ gut bewältigen konnten. Auch das Schreiben von Hygienekonzepten war für uns neu (wie wahrscheinlich für jeden), aber mit etwas Unterstützung unserer Vereinsmitglieder funktionierte auch das. Ansonsten war es viel Verwaltungsaufwand und, ganz klar, viel zu viel Ruhe im Klub.
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Was habt ihr im vergangenen Jahr gemacht?
Im Sommer gab es drei Veranstaltungen unseres beliebten Formats „Rose Kneipenquiz“ unter Pandemiebedingungen. Dabei konnten wir austesten, was unter den von der Stadt und dem Land gegebenen Bedingungen in unserem Außengelände möglich ist. Dafür gab es auch in der Zusammenarbeit mit unserem Vermieter, der Universität Jena, nicht nur Unterstützung, sondern auch positives Feedback. Zudem haben wir mehrmals einen Bierverkauf an der Johannisstraße organisiert. Der wurde von den Leuten positiv aufgenommen. Gerade im Sommer, als die Beschränkungen nicht so streng waren wie jetzt, bekamen wir die Möglichkeit unsere restliche Ware zu verkaufen (niemand mag es, Bier wegzuschütten) und den Leuten etwas Abwechslung zu bieten. Hier ist vor allem zu erwähnen, dass sich unsere Leute ehrenamtlich am Ausschank engagiert haben und dafür kein Geld bekommen haben, sondern einfach nur ihrem Klub helfen wollten. Außerdem haben wir etwas renoviert und uns um unseren Klub gekümmert. Wir sind ja in einem mittelalterlichen denkmalgeschützten Gebäude zuhause und da gibt es immer was zu tun. Als ganz spezielles Projekt wird gerade unser Mannschaftraum inkl. der in die Jahre gekommenen Küche in kompletter Eigenarbeit erneuert und renoviert.
Ziehst du etwas Positives aus der Zeit?
Positiv ist auf jeden Fall der neu gegründete Zwo20 e.V. als Netzwerk der Klubs und Kulturschaffenden, über das wir auch die Soli-Ticket-Aktion ins Leben gerufen haben und bei dem noch viele interessante Projekte in der Pipeline liegen, um die Klubs und die Kulturszene lokal zu unterstützen. Auch die ohnehin schon eng verwachsene Kulturbranche in Jena ist durch die schwierige Zeit meiner Meinung nach näher zusammengerückt. Man tauscht sich nicht nur über die Probleme aus, sondern auch über anstehende Pläne und Möglichkeiten, wieder Veranstaltungen zu realisieren.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Wir versuchen weiterhin hoffnungsvoll zu bleiben und planen fleißig unseren 55. Klubgeburtstag im Mai diesen Jahres. Leider hat keiner eine funktionierende Glaskugel und so weiß man aktuell noch nicht ganz, was sich wie zu welcher Zeit umsetzen lässt. Aber das zeigt sich dann in den kommenden Wochen und Monaten. Außerdem planen wir für die wärmeren Monate (je nach Lockerungen) auch wieder Bierverkäufe und die ein oder andere kleine Veranstaltung in unserem Innenhof. Abgesehen davon läuft das Booking und die Verschiebung von Shows im Hintergrund auf Hochtouren weiter. Der Kalender war ja gut gefüllt und viele Shows wurden nicht abgesagt sondern verschoben und werden gerade erneut verschoben. Da sind wir mittlerweile bei der Planung von einigen Terminen schon weit im Jahr 2022. Ansonsten sind wir weiterhin auf die staatlichen und auch privaten Hilfen angewiesen, da ja noch nicht absehbar ist, wann wir auch nur annähernd wieder in den Regelbetrieb gehen dürfen.
Lest hier das Interview ausm letzten Jahr mit Andi
Hard Facts:
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