Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown #2 mit Poetry Slammer, Autor und Veranstalter Friedrich Herrmann aus Jena
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir ein Jahr später erneut mit Friedrich Herrmann aus Jena. Die Bühne ist sein Zuhause. Als Poetry Slammer ist Friedrich Deutschsprachiger Meister 2019. Und auch als Duo „F+“ sind Friedrich und Flemming Witt nicht gerade unerfolgreich. Nebenbei ist er außerdem Autor, Moderator und gibt Workshops.
Wie sieht aktuell die Lage bei dir aus?
Ich mache es wie meine Schildkröte – Arme und Beine einziehen und tief zurück in den Panzer. Das Konzept vom Winterschlaf hat mich immer schon überzeugt, schade, dass ich manchmal noch raus muss zum Einkaufen.
Wie steht es um die Finanzen, gab es Hilfe von außen?
Bei mir hat – drei Mal Holz! – alles geklappt: sowohl Soforthilfe als auch November- und Dezemberhilfe. Und in den gelockerten Monaten gab es zum Glück ein paar größere Aufträge. Es ist das mit Abstand schwierigste Jahr meiner Selbstständigkeit, aber ich weiß auch: wenn ich das irgendwie überstehe, kann mir nichts und niemand mehr was.
Was hat sich im vergangenen Jahr alles verändert?
Die größten Sorgen mache ich mir um die verschiedenen Locations, also Bars, Cafés und Clubs, mit denen ich zusammen veranstalte. Da wird sich einiges verändern und ich fürchte nicht zum Guten.
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Was hast du im vergangenen Jahr gemacht?
Schach gespielt, an einem neuen Programm geschrieben, viel aus dem Fenster geschaut, mich auf Clubhouse rumgetrieben, gekocht. Ein guter Trick: Ich habe alle meine Bewegungen verlangsamt, sodass einfach alles doppelt so lang dauert und ich mich nicht langweile. Auch hier wieder mein Vorbild: die Schildkröte.
Ziehst du etwas Positives aus der Zeit?
Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken und deshalb einige neue Ideen. Die stehen natürlich alle unter dem Stern „Wenn es dann wieder losgeht“, aber mich in die Zukunft träumen ist ohnehin eine meiner liebsten Gedankenspiele.
Wie blickst du in die Zukunft?
Ich hoffe, dass genau jetzt der Moment der Pandemie ist, wo sich alles am schlimmsten anfühlt. Der eiskalte Winter, die ständigen Vertröstungen, die Dunkelheit, die Sehnsucht. Aber das heißt auch, dass es ab hier endlich besser wird und dafür gibt es zum Glück einige Anzeichen.