Mit einer breiten Diversität an Genre-Einschlägen führt „Bugtape“, das neue Album des aus Thüringen stammenden Rappers Dissy, in die düstersten Kellergewölbe digitaler Parallelwelten. Wie ein Konzept-Album kommt die Platte daher, mit der es Dissy bis auf Platz 3 der deutschen Hip-Hop-Charts und auf Platz 22 der deutschen Albumcharts geschafft hat. Wir haben mit dem Rap-Überflieger gesprochen.
Mit deinem neuen Album warst du auf Platz 22 der deutschen Albumcharts und sogar auf Platz 3 der Hip-Hop-Charts. Was macht das mit dir?
Es ist total krass und irgendwie perfekt. Am Anfang konnte ich es gar nicht so richtig glauben und es war auch nicht so, dass ich damit gerechnet habe. Das ist megacool. Das Coolste daran ist aber, dass man seiner Familie zeigen kann: „Schaut mal, der Weg, den ich gegangen bin, ist doch nicht so verkehrt.“
Und wie war die Resonanz deiner Community auf social Media, besonders in unmittelbarem Kontakt mit den Leuten, die einem Feedback geben?
Die Reaktionen waren durchweg gut. Es gab viele Menschen, die diese Musik gefühlt haben und sich freuten, dass ich mal etwas anderes gemacht habe. Viele fanden das Album auch musikalisch interessant. Oder sie haben einfach die Emotionen verstanden. Insgesamt gab es sehr viel gute Resonanz, das hätte ich nicht gedacht.
Seit deinem letzten Album im Jahr 2018 sind viele weitere musikalische Einflüsse hinzugekommen. Wie kam es zu dieser krassen Veränderung?
Ich habe viel mit Torn Palk zusammen gemacht, der viele Indie-Einflüsse mitbrachte. Aber auch mit Kidney Paradise, der eigentlich mal Bassist war von Heisskalt. Mit ihnen habe ich viel produziert und wollte die Genres ausprobieren und schauen, wohin das führt. Die ganze Platte ist im Prinzip eine Sammlung von Experimenten und Versuchen, zum Beispiel in der Vortragsweise. Da habe ich mich einfach ausprobiert.
Wie genau sieht dieses Ausprobieren bei dir aus?
Sehr verschieden. Im Vergleich zur vorherigen Platte haben wir sehr viel analog an Geräten gemacht und nicht so viel gefrickelt. Vorher haben die Leute, mit denen ich gearbeitet habe, und ich sehr viel am Computer herumgefrickelt. Dieses Mal war es viel spontaner und freier an den Synthesizern und Drum-Maschinen. Dadurch wurde alles analoger. Generell habe ich aber immer einen Grundgedanken, zu dem ich etwas erzählen will und eine Zeile, die die Basis für den Rest ist.
Bei deinem Album “bugtape” hast du erst Side A und dann Side B veröffentlicht. Wie kam es zu dieser gestaffelten Veröffentlichung?
Wir haben einfach noch ein bisschen an der B-Seite geschraubt, um diese Seite noch ein bisschen aufbessern zu können. Zudem ergibt sich dadurch die Möglichkeit, dass man erst die eine Seite für sich sprechen lässt – und dann die andere. Vor allem habe ich dem Label vermittelt, dass ich mehr Videos machen will. Pro Seite kommen drei bis vier Videos heraus. Und ich mache halt voll gerne Musikvideos. Die zweite Seite wollte ich zudem nicht im Sommer aufnehmen, sondern erst, wenn es kälter ist. Ich finde, das passt besser zur Stimmung.
Würdest du sagen, es ist ein Konzeptalbum wegen der Interludes vor fast jedem Song?
Die Songs gab es vorher schon und ich habe im Nachhinein ein Konzept drumherum gebastelt, damit man dieses rohe Musikmachen besser versteht. Trotzdem sollte man es am Stück hören, um in diese erschaffene Welt einzutauchen. Ich wollte nicht dieses playlisttypische Single-Release-Konzept verfolgen, sondern alles am Stück machen. So bekommt man das Gefühl, dass es eine einzelne Session ist, die das Freestyle-live-artige unterstreicht.
Deine Themen spiegeln eher den Alltag wider. Was treibt dich dabei um und wie wirst du inspiriert?
Wenn ich mit Leuten rede oder wenn ich Artikel lese werde ich inspiriert. Es geht mir ganz oft um die Subtexte.
Und was treibt dich aktuell um? Worüber würdest du heute rappen?
Ich arbeite derzeit wieder an neuen Sachen. Dabei geht es viel darum, seine Mitte zu finden, mit sich ins Reine zu kommen und klarzukommen, weil man dadurch viel offener ist, um für die Welt Positives zu tun.
Obwohl du vom Positiven sprichst, klingen deine Songs oft auch negativ und destruktiv. Bist du selbst manchmal so?
Ja, in meiner Jugend war das auf jeden Fall ein Thema – und auch heute habe ich manchmal noch destruktive Phasen. Ich hatte meine Eskalationszeiten und das spielt in meine Musik hinein. Damals habe ich nicht so gut auf mich selbst geachtet. Man muss aber auch bedenken, dass die Songs auf „Bugtape“ teilweise drei Jahre alt sind. Sie sprechen also aus einer Phase, in der ich im Moment nicht mehr bin. Jetzt ist meine Musik deutlich positiver.
Manche deiner positiven Lieder sind regelrechte Partysongs. Fehlt dir das Partymachen?
Aktuell gar nicht. Aber jetzt, wo so langsam wieder die Sonne herauskommt, bekomme auch ich wieder Lust, Menschen zu sehen und unter Leute zu kommen. Aber dieses extreme Verlorengehen, Feiern und Partys brauche ich nicht unbedingt. Jetzt habe ich eher Lust, unter Leute zu kommen. Es hat mir auch gutgetan, für mich zu sein.
Du hast auf “Bugtape” ein paar Collabs. Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit Mine?
Wir kennen uns aus Berlin und ich war bereits als Feature auf ihrer Platte. Dann hat sie auch auf der A-Seite mitproduziert. Es war ungezwungen, da wir uns eben kennen.
Wie ist es, wenn das Album schon eine Weile draußen ist, aber man keine Auftritte machen kann? Kribbelt’s schon?
Ja, ich habe mega Bock und ich arbeite daran, weiterzumachen. Wenn wir mit Live-Auftritten loslegen können, soll es richtig ballern.