Kunst, Kultur und Handwerk sind nicht immun gegen Corona. In Thüringen trifft die Krise unzählige Freischaffende, Selbständige und Einzelkämpfer, die mit viel Herzblut und Schweiß ihr Business aufgebaut haben oder ihren Weg gegangen sind. Der Shutdown nimmt ihnen nun die Lebensgrundlage. Wir wollen diesen Menschen eine Stimme geben, sie sichtbar machen und zeigen, dass Kultur kein Luxus ist.
Kultur Shutdown #2 mit Geschäftsführerin Annette Engel-Adlung vom Stadt-Bad Gotha
In unserer Interview-Reihe „Kultur Shutdown“ sprechen wir nach einem Jahr Shutdown erneut mit Annette Engel-Adlung. Sie ist die Geschäftsführerin der Badbetreibung Gotha GmbH. Das 1908 eröffnete Bad lässt heute in längst vergangene Zeiten eintauchen. Die Kombination aus Jugendstil und modernen Anbauten macht das Bad einzigartig. Zum Stadt-Bad gehören ein Sport- und Familienbad sowie eine Saunalandschaft. In den Sommermonaten kommt die Betreibung eines Freibades im Süden der Stadt hinzu.
Wie sieht die Lage aktuell aus?
Das Stadt-Bad Gotha ist, wie alle Thüringer Bäder derzeit von den Schließungsanordnungen des Freistaates Thüringen betroffen. Seit dem 02.November 2020 sind unsere Betriebe für den öffentlichen Bade – und Saunabetrieb geschlossen. Im Stadt-Bad Gotha selbst hatten wir bis Anfang Dezember noch das Schulschwimmen angeboten, leider findet dies im Moment auch nicht mehr statt. Das Team unseres Bades befindet sich deshalb zu großen Teilen in der Kurzarbeit. Lediglich die technische Betreuung unserer Anlagen sind zu erledigen. In den ersten Anfängen planen wir die Vorbereitungen für die Freibadsaison 2021. Wir sind also optimistisch, dass Open Air Angebote über die warmen Monate erlaubt sein werden.
Wie steht es um die Finanzen, gab es Hilfe von außen?
Als städtisches Unternehmen sind wir in die Finanzierung über städtische Strukturen eingebunden. Als Hilfen von außen haben wir im ersten Lockdown die Soforthilfe des Freistaates Thüringen im Frühjahr 2020 erhalten. Das „Instrument Kurzarbeit“ ist letztendlich auch eine Hilfe, die für uns kommunale Betriebe eine Erleichterung bedeutet. Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten „November – und Dezemberhilfen“ sind ebenso von unserer Einrichtung beantragt worden.
Was hat sich im vergangenen Jahr alles verändert?
Das letzte Jahr, welches von zwei Lockdowns geprägt war, bedeuteten 2-mal eine Vollbremsung betrieblicher Art. Deshalb glaube ich, dass sich vieles in den Köpfen und vor allem im Denken der Menschen verändert hat. Als die Schwimmbäder nach dem ersten Lockdown endlich wieder öffnen konnten, wurde vielerorts beobachtet, dass Gäste nicht so ohne Weiteres in die Bädereinrichtungen zurückgekehrt sind. Vielleicht müssen wir als Betreiber damit rechnen, dass es eine längere Zeit dauern wird, bis in einer Nach – Corona – Zeit die Menschen wieder unbeschwert einem Freizeitvergnügen beziehungsweise Sport nachgehen werden. Dies ist für alle Badbetreiber eine neue und besondere Situation. Dieses Szenario scheint mir persönlich derzeit am wahrscheinlichsten. Ich habe die Hoffnung darauf, dass die Thüringer Bäder nach einer Phase der Vorsicht in eine Phase der aktiven Gesunderhaltung für die Gäste kommen. Das Thema Gesundheit und Wohlergehen sollte nach einer Pandemieerfahrung an Fahrt gewinnen können. Hoffen wir, dass es so gesehen wird und wir öffentliche Bäder dafür einen guten Beitrag leisten können.
Was habt ihr im vergangenen Jahr gemacht?
In unserem Bäderjahr 2020 hatten wir zunächst einmal einen Freibadsommer, der für uns als Team sehr besonders war. Nicht nur wegen Corona, sondern auch wegen der Eröffnung nach der umfangreichen Sanierung der Schwimmbecken durch die Stadt Gotha. Unser Freibad ist stolze 95 Jahre alt geworden, eine alte Dame, die den Badeflair längst vergangener Zeiten beibehalten konnte. Uns war es wichtig, alle abgebrochenen und ausgefallenen Schwimmkurse für Kinder nachzuholen. Darauf lag nach dem ersten Lockdown unsere absolute Priorität. Auch für die ehemals dritten Klassen gab es gemeinsam mit den Schwimmlehrern der Schulen in Gotha ein Angebot zum Nachholen in den Herbstferien. Das waren wichtige Ansätze, um die Lücken für das Schwimmen lernen zu schließen.
Ziehst du etwas Positives aus der Zeit?
Ich persönlich denke, dass es uns als Bäderbetriebe sehr gut gelungen ist, uns auf die neuen Anforderungen einzustellen. Wir waren flexibel und auch schnell in der Umsetzung für die Auflagen, die wir gemeinsam mit allen anderen Freizeiteinrichtungen erhalten haben. Das ist schon sehr wichtig. Ein anderer Punkt war die Freude, die wir bei Gästen erlebt haben, als wir nach dem Lockdown wieder öffnen durften. Es gab Corona bedingt einen völlig veränderten Belegungsplan, hier haben alle Nutzergruppen Flexibilität gezeigt und Verständnis. Solche Herausforderungen in so kurzer Zeit zu meistern, braucht das Zutun aller Beteiligten. Und das war jederzeit gegeben. Und natürlich bin ich stolz auf das Team Stadt-Bad, die Kolleginnen und Kollegen sind das Herz für jedes Bad. Sie haben in einer kurzen Zeit so viele Schwimmkurse wie noch niemals zuvor durchgeführt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Wir hoffen, dass wir unsere Bäder bald wieder öffnen können. Auch jetzt ist es wichtig, die Schwimmausbildung für Kinder und Jugendliche wieder aufzunehmen. Viele Menschen warten darauf, dass Sie Ihre Bewegung im Wasser und Ihren Sport wieder ausüben können. Wir haben auf jeden Fall den Eindruck, dass die Gäste unsere Bäder vermissen. Natürlich hoffen wir auf eine langfristige Öffnungsprognose, einen weiteren Lockdown mit der Schließung der Schwimmbäder möchte sich keiner mehr vorstellen.
Hier kommt ihr zum ersten Interview mit Annette vom Stadt-Bad Gotha
Hard Facts:
- Wo? Stadt-Bad Gotha | Bohnstedtstraße 6 | Gotha
- Öffnungszeiten: Mo. 15 – 22 Uhr | Di. – Sa. 10 – 22 Uhr | Sonn- und Feiertage 10 – 22 Uhr | Frühschwimmen Di. und Do. 6 – 7.30 Uhr
- Weitere Infos gibt es auf Facebook und der Website