Alte Musik muss keineswegs altmodisch klingen. Das will das Festival Güldener Herbst vom 1. bis 4. Oktober in und um Gotha beweisen – der barocksten Stadt in Thüringen, wie Festivalleiter Gerd Amelung findet. Im Gespräch mit dem t.akt-Magazin erklärt er, wie die Pandemie ihn zum unerschütterlichen Optimisten gemacht hat und was Gotha Weimar und Erfurt voraus hat.
Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?
Spannend. Ein großes Positivum ist, dass man einmal zur Ruhe kam – in dieser Branche hetzt man sonst von Termin zu Termin und es hat gut getan, einmal abschalten zu können. Doch die versammelte Unsicherheit, angefangen bei der Frage, wann und wie es wieder losgehen kann, das war schon krass. Und das ist auch noch lange nicht vorbei.
Wie ist es, mit solcher Unsicherheit ein Musikfestival zu planen?
Es ist eine spezielle Grundsituation. Man muss irgendwann die Entscheidung treffen: Wir machen es oder wir machen es nicht. Das haben wir vor sechs Wochen getan, damit wir und die Ensembles Planungssicherheit haben. Letztlich muss man die Unsicherheit ab einem bestimmten Punkt ausblenden, finde ich. Und da wir entschieden haben, dass das Festival steigt, wird es auch stattfinden. Wir bewahren uns einen positiven Spirit und gehen jetzt davon aus, dass das Festival stattfindet.
Was macht Gotha zu einem guten Standort für Alte Musik?
Alte Musik ist ja die Musik des Barock und dafür ist Gotha einfach prädestiniert. Für mich ist Gotha in Thüringen die barockste Stadt. Schloss Friedenstein ist ja ein barocker Bau. Dort Alte Musik erlebbar zu machen, ist für uns ganz besonders interessant. Ein Kernpunkt unseres Festival ist ja, Alte Musik am historischen Ort erlebbar zu machen. Auch die Stadtstruktur aus dieser Zeit ist in Gotha noch erkennbar – da gucken das 17. und 18. Jahrhundert ja noch aus jeder Pore. Dass Gotha bei Besuchern hinter Erfurt, Jena und Weimar steht, finde ich vollkommen ungerechtfertigt.
Welchen Stellenwert hat Alte Musik heutzutage?
Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir auf mehr als 50 Jahre Repertoireerschließung aufbauen können und wir müssen nicht mehr die Arbeit von Nikolaus Harnoncourt oder William Christie leisten, die die Leute erst einmal davon überzeugen mussten, dass diese Musik es wert ist, neben Beethoven und Mozart gespielt zu werden. Und das Erleben dieser Klangwelt ist sehr gut vermittelbar, finde ich. Es gibt eine große Alte-Musik-Gemeinde in Europa, aber wir wenden uns mit dem Festival wirklich nicht nur an eingefleischte Fans.
Die Gothaer Herzogin Luise Dorothea hätte ja beinahe etwas zum Programm beigetragen. Wie kam es dazu?
Mit Helen Geyer haben wir eine der besten Kennerinnen thüringischer Musikgeschichte als wissenschaftliche Beraterin. Sie ist bei ihren Forschungen quasi über eine Sinfonie gestolpert, die Luise Dorothea komponiert hat. Weil die Planung für das Festival zu diesem Zeitpunkt bereits zu weit fortgeschritten war, soll sie erst bei einem der nächsten Festivals zu hören sein.
Mit welchen Hygienemaßnahmen planen Sie in Gotha?
Wir haben die Plätze reduziert, um Abstand zwischen den Sitzenden herstellen zu können, deshalb spielt die Akademie für Alte Musik das Konzert zweimal. Ob beim Konzert eine Maskenpflicht gilt, besprechen wir gerade noch mit dem Gesundheitsamt, würden das aber gern vermeiden. Wir lüften natürlich und werden ein Wegeleitsystem haben.
Müssen sich Liebhaber klassischer Musik langfristig auf höhere Ticketpreise einstellen?
Das ist im Moment schwer vorauszusehen. Wenn es über Jahre so weiter geht, müssten wahrscheinlich die Ticketpreise erhöht werden, wenn nicht die Politik das Problem erkennt und die Musikindustrie unterstützt, um die Preise stabil zu halten. Das wäre wünschenswert. Eine Konzertkarte sollte nicht sehr viel mehr kosten als eine Kinokarte. Das ist ja auch eine Frage der Teilhabe.
Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich am meisten?
Es ist schwer zu sagen, worauf ich mich am meisten freue – das Gesamtpaket ist es, was die Vorfreude auslöst. Im Einzelnen finde ich toll, dass wir die Akademie für Alte Musik aus Berlin nach langer Zeit wieder dabei haben. Dann bin ich ganz gespannt auf das Konzert mit Mohammed Alfaham, das auf die Orient-Sammlung des Gothaer Hofs eingeht und klassische persische Musik mit Gedichten von Hafis kombiniert. Auch, dass das Collegium Marianum aus Prag kommt, finde ich wunderbar. Und wir haben mit Jens Goldhardt und Johannes Kleinjung zudem lokale Akteure, die auf sehr hohem Niveau Musik machen. Alles zusammen ergibt ein wunderbares Ganzes.
Interview: Victoria Augener
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Hard Facts:
- Für Liebhaber Alter Musik: Das Festival Güldener Herbst vom 1. bis 4. Oktober in und um Gotha.
- Das vollständige Programm findet ihr hier.
- Mehr Infos und Einblicke zum Güldenen Herbst findet ihr auf Facebook, Instagram und natürlich auf gueldener-herbst.de.
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