Musiker- und Musikerinnen hatten es in Zeiten von Corona schwierig. Bands konnten nicht auftreten. Einnahmen fielen weg. Doch vor allem fehlte das Publikum für Bands und Künstler- sowie Künstlerinnen. Das registrierte man natürlich auch bei dem BahnhofBeats, einem Förderwettbewerb für junge Nachwuchstalente. Deshalb passten sich die Organisatoren des Projektes an die Umstände an, und die BahnhofBeats Sound Edition entstand. Ausgestattet mit Aufnahmegeräten nahmen Zwei Singer-Songwriterinnen sowie drei Bands aus Thüringen in den Bahnhöfen in Erfurt, Weimar, Halle (Saale) und Dresden „Bahnhof-Sounds“ auf. Im Anschluss produzierten sie daraus je einen neuen Song.
BahnhofBeats 2022 – Jetzt abstimmen
Former Child, Görda, Klangapart, Jungfrau Männlich Deluxe (JMD) und JoVia tauchten daraufhin in die Soundkulisse der mitteldeutschen Bahnhöfe ein und wollen nun von euch gesehen sowie gehört werden. Noch bis kommenden Mittwoch (15. Juni) könnt ihr die Resultate auf der Seite der Bahnhof-Sounds-Homepage entdecken und für euren Favoriten abstimmen. Die Band oder Solistin mit den meisten Stimmen erwartet ein Fördergutschein für Equipment. Der beste Act aus Thüringen darf zudem sein Heimat-Bundesland im local heroes Bundesfinale 2022 vertreten – dem größten Non-Profit-Newcomerpreis Deutschlands. Wir stellten deshalb den Thüringer Kandidaten und Kandidaten JMD, JoVia aus Erfurt und Former Child aus Weimar ein paar Fragen.
Wie hast du die Aufnahmesession am Bahnhof erlebt? Hat es sich ungewöhnlich angefühlt, an so einem öffentlichen Ort an Musik zu arbeiten?
JoVia: Die Aufnahmesession am Bahnhof war eine ungewöhnliche Situation. Die Leute starren wegen des Aufnahmegerätes und wegen des Filmteams. Das ist schon echt seltsam. Während der Aufnahme der Sounds habe ich es aber ganz gut geschafft, mich zu konzentrieren. Ich hatte das Endergebnis vor Augen und die Öffentlichkeit irgendwann einfach ausgeblendet.
Was war der verrückteste Sound, den ihr bei der BahnhofBeats-Produktion eingefangen habt? Was macht diesen Sound so besonders?
Nico (JMD): „Vorsicht bei der Einfahrt“. Die Ansage wollte ich unbedingt aufnehmen.
Matze (JMD): Verrückt ist der zwar nicht, aber ich mag den Sound, wo wir das Papier im Blumenladen von der Rolle abreißen.
Jacob (JMD): Stimmt, den mag ich auch. Die anderen Sounds landeten fast unverändert im Song, aber das Papier haben wir sehr stark verfremdet, um einen bestimmten Effekt zu erzielen. Klingt richtig gut.
Inwieweit unterschied sich die weitere Arbeit am Song für die BahnhofBeats von einer gewöhnlichen Songwriting-Session bei dir?
Former Child: Meistens dauert es bei mir länger, bis ein Song von der Idee bis zum finalen Mix entsteht. Ich habe viele Ideen. Bis ich mich entschieden habe, welcher Song professionell aufgenommen werden soll, vergeht mehr Zeit als man denkt. Bei den BahnhofBeats hatte ich hingegen für alles nur ungefähr einen Monat Zeit. Das klingt zwar nach einer Menge Zeit, aber wenn nebenbei noch eine Bachelorarbeit ansteht und eine Woche für den Winterurlaub draufgeht, dann wird die Zeit schnell knapp. Daher musste ich fokussiert bleiben und auch bei Zweifeln im Songwritingprozess dranbleiben.
Erzähl von deinem Finalsong: Worum geht es, welche Sounds sind darin versteckt, und warum hat der Song das Potenzial zu gewinnen?
JoVia: In dem Finalsong geht es um Einsamkeit und wie man sich darin auch wohlfühlen kann. Ein großer Teil des Textes stand aber schon fest, bevor ich entschieden habe, dass es um das Thema geht. Die Metaphern mit der Kälte passen ziemlich gut dazu. Die Sounds, die ich aufgenommen habe, sind gut zu hören. Ein großer melodischer Teil kommt von einem Sample, das aus Piep-Tönen einer Kasse besteht, und auch das Schließen einer Straßenbahntür ist dabei. Für die Perkussion habe ich einen Tacker, die Grußkarte und einen Schuh, den ich irgendwo draufhaue, genutzt. Als eine Art Rassel habe ich noch einen Metallkorb, gefüllt mit Plastikeiern, eingebaut. Den Korb habe ich bei der Soundaufnahme immer wieder auf den Boden fallen lassen.
Was ist euer wertvollstes Learning aus der Teilnahme an den BahnhofBeats 2022?
Matze (JMD): Ich nehme mit, dass wir aus Routinen ausgebrochen sind und dadurch etwas Großartiges entstanden ist. Wir sollten öfter Sachen anders denken und machen, um kreativ zu bleiben.
Jacob (JMD): Unser Social Media-Coach Dennis (Baba Blakes, Gewinner der letzten BahnhofBeats-Staffel, Anm. d. Red.) hat uns richtig viel wertvollen Input gegeben. Wir sind alle eher faul und nicht wirklich auf den einschlägigen Plattformen aktiv. Über die Tipps von Dennis sind wir sehr dankbar.
Nico (JMD): Mir hat der Videodreh sehr gefallen. Wir drehen sonst nur Low- bis No-Budget Musikvideos und es war spannend, eine größere Produktion mit professionellem Equipment in Angriff zu nehmen. Titus hatte wahnsinnig tolle Ideen und leitete uns sehr gut an. Dadurch war es ein überaus produktiver Dreh, der sich überhaupt nicht nach Arbeit anfühlte.
Was ist das Außergewöhnlichste, das du mal an einem Bahnhof oder in einem Zug erlebt hast?
Former Child: Da ich relativ häufig Zug fahre, habe ich auch schon einiges erlebt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein offenes Klavier am Münchener Hauptbahnhof. Dort konnte jede*r Reisende einfach spielen. Das habe ich selbst sehr oft gemacht. Leider wird der Bahnhof aktuell umgebaut, weshalb ich das Klavier schon lange nicht mehr gesehen habe. Ich hoffe sehr, dass das Klavier beim nächsten Umstieg in München wieder da ist.