Catt erwischen wir auf dem Weg nach Holland. Die Musikerin und ihre Band treten beim Eurosonic-Festival in der niederländischen Stadt Groningen auf, der wohl wichtigste Umschlagplatz für neue europäische Musik. Booker und Musikschaffende aus ganz Europa kommen dort zusammen, um junge Bands und Musiker:innen kennenzulernen. Dort darf Catt natürlich nicht fehlen, auch wenn sie besonders in Deutschland keine Unbekannte mehr ist.
Catt im Kassablanca Jena
Nach ihrem Debütalbum „Why, Why“, das während der Pandemie herauskam, ist sie spätestens seit der Veröffentlichung ihres aktuellen Albums „Change“ in den Airplay-Charts deutschsprachiger Radiosender ein Dauergast. Die mittlerweile in Weimar lebende Musikerin schafft wohlige Indie-PopMomente und hinterlässt nach ihren Konzerten stets ein beseeltes Publikum. Am 6. Februar tritt sie in Jena im Kassablanca auf. Uns verriet Catt, warum sie ein wildes Herz hat und wo sie in Weimar am liebsten Café trinkt.
Zuletzt sprachen wir im Januar 2021. Zu CoronaZeiten. Mittlerweile ist viel Wasser den Fluss hinabgeflossen. Du bist im Radio zu hören. Die Veranstaltungsorte sind größer. Was hat sich für dich seitdem verändert?
Das meiste wahrscheinlich. Zu der Zeit kam mein erstes Album raus und alles fing gerade an, aber das Land war zu. Da ging gar nichts. Dass man mit seiner Musik rausgeht und in der echten Welt spielt, war damals nicht möglich. Das ist wahrscheinlich die größte und wichtigste Veränderung. Mit meinem neuen Album „Change” konnten wir losfahren und für echte Menschen an echten Orten diese Musik spielen. Mit Menschen in Resonanz zu gehen, ist die Essenz des Musikmachens und das hat damals leider gefehlt.
Damals war gerade dein Album „Why, Why“ herausgekommen. Derzeit tourst du mit deiner 2023- er-Platte „Change“ und Überraschung: Im Oktober hast du den Song „Automatic Stop“ gedroppt. Vorboten auf ein neues Album?
„Automatic Stop” ist tatsächlich außer der Reihe entstanden, weil das ein Cover ist. Das Album „Room on Fire” von den Strokes feierte 20-jähriges Jubiläum und da fragte man mich, ob ich einen der Songs in meinem Stil covern möchte. Daher kam das Lied außer der Reihe.
Aber dem Indie-Pop bleibst du treu …
Letzten Endes mache ich die Musik, die aus mir herauskommt. Natürlich kann ich noch nicht sagen, was in den nächsten zehn Jahren passiert, aber momentan schreibe ich meine Lieder überwiegend am Klavier. Da gibt es auch ein paar Songs, wo es mal ein wenig lauter oder farbenreicher wird, aber dennoch bleibe ich mir und den Instrumenten sowie meinem Sound treu. Welche Form oder welches Gewand es annimmt, kann sich natürlich immer verändern und erweitern.
Ein laut Spotify beliebter Song auf deinem Album heißt „Wild Heart“ – Hast du ein wildes Herz?
Ich glaube, wir haben alle ein wildes Herz. Vielleicht manchmal etwas versteckt oder schüchtern. Dieser Song ist eine Hymne an all unsere wilden Herzen. Es steht für die Einzigartigkeit, die jeder von uns in sich trägt und soll dazu anregen, sich zu trauen, diese auch auszuleben. In welcher Form auch immer.
Wie äußert sich das bei dir?
Ich sage, was ich denke, und handle nach meinen Gefühlen. Ich versuche im Einklang mit meinem Herzen und mir selber zu sein – egal in welcher Form sich das ausdrückt. Das wilde Herz darf natürlich auch mit auf die Bühne und dort alles herauslassen. Ich merke auch, dass das einen Raum erschafft für alle, die da sind, um sich auch mit ihrem wilden Herz dort hineinzubegeben und das zu spüren, was man in diesem Moment braucht. Ein wildes Herz kann auch tiefe Traurigkeit bedeuten – einfach alles, was man nicht aufhält.
„Zu meinem Album ‚Why, Why‘ haben wir immer gesagt: Wenn es eine Landschaft wäre, wäre es ein Wald“, sagtest du im letzten Interview im t.akt. Welche Landschaft ist Change?
Ich gebe die Frage mal an die Band weiter (lacht). Michèl, mein Schlagzeuger, sagt: Autobahn. Ich vermute mal, er meint „Autobahn” im Sinne von „Roadtrip”. Und Roadtrip beschreibt es eigentlich sehr gut – es ist ein Roadtrip-Soundtrack. Wenn man auf der Straße unterwegs ist, verändern sich die Szenerien, je nachdem durch welche Landschaften – oder durch welchen Song – man gerade fährt. Das Album besteht aus dem ganzen Spektrum an Landschaften.
Zu Corona-Zeiten erzähltest du, dass du begonnen hast, Gitarre spielen zu lernen. Wie gut kannst du das denn mittlerweile und spielst du noch mehr Instrumente?
Ich kann ein paar Songs auf der Gitarre spielen. Natürlich ist es nicht mit dem Klavier vergleichbar. Das spiele ich schon mein ganzes Leben. Aber ich kann auf der Gitarre herumprobieren und es sind darauf auch schon einige Lieder entstanden. Diese kann ich dann auch spielen, wodurch ich jetzt schon öfter die Gitarre mit auf der Bühne hatte, um etwas Praxis-Erfahrung und Selbstbewusstsein zu sammeln. Es macht sehr viel Spaß und gibt dem Song das, was er braucht. Ansonsten spiele ich vor allem die Instrumente, die auch auf der Bühne dabei sind: Klavier, Posaune, Trompete und natürlich auch Gesang. Den Rest macht dann schönerweise meine Band.
Laut und leise, schnell und langsam – zwei essenzielle Elemente in deiner Musik. Oft beginnen die Songs langsam, dann nehmen sie an Fahrt auf. Spielst du gerne mit dieser Dynamik?
Wahrscheinlich schon. Manchmal passiert das unbeabsichtigt. Dann entwickelt sich die Dynamik, weil der Song eine Geschichte erzählt. Ich folge dem einfach. Natürlich schreibe ich den Song, aber wenn er dann eine Form bekommt, nimmt ab einem gewissen Punkt das Lied einen an die Hand und sagt: “jetzt müssen wir hier lang”. Da kann es sein, dass er am Ende groß werden will oder doch ein Beat reinkommt etc. Ich folge dann dem, was sich stimmig anfühlt.
Im vergangenen Jahr interviewten wir Purple Schulz, er hat Lobeshymnen auf dich gesungen. Kennst du Purple? Wie ist eure Beziehung?
Das Interview habe ich sogar gelesen (lacht). Purple ist ein wunderbarer Mensch. Er hat mich 2021 in eine Musik-Talkshow von sich eingeladen und dort lernten wir uns kennen. Anschließend hat er damit begonnen, mich in seiner Radiosendung zu spielen. Bei der Talkshow bemerkten wir, dass es zwischen uns eine besondere Verbindung gibt. Gerade die Liebe zur Musik hat uns beide sehr stark verbunden. Seitdem stehen wir viel in Kontakt, treffen einander, sollten wir mal in der gleichen Stadt sein oder er kommt zu einem meiner Auftritte bzw. ich zu seinem. Es ist zu einer richtig schönen, farbenfrohen und bereichernden Freundschaft geworden. Durch unsere verschiedenen Erfahrungshorizonte und den Altersunterschied kann ich viel von ihm lernen.
https://www.facebook.com/musicbycatt/posts/pfbid0dBSeGQYaRjvVZDGWkvnc8o31WHjMpYFhTjdetHhy6YckNSjKo1ZctzGctKk7Hckgl?__cft__[0]=AZWBqIEk1-ZlOzR853sjzz8P1DoTjWvw_DD47dtXc8w3BzWy_a45Ivr0XRc88luC222wBo32aLdtwqGggm4rhsQ3Y5ygdMbo0Ng8yq9aSFe15bX2YvcyBeBpG3gxSrUKsLjQR_5B2x7I86hstqXnYcsm&__tn__=%2CO%2CP-R
Online fand ich einen Text zu deinem Album „Change“. Die Überschrift verlautbart: „Die Berliner Pop-Hoffnung“, jetzt wohnst du nicht mehr im großen B. Können jetzt die Weimarer hoffen?
Eigentlich bin ich in Weimar, um irgendwo zu wohnen, wo es schön ist und um mich etwas zu verkriechen. Wenn ich nicht unterwegs bin oder auf der Bühne stehe, hätte ich gerne einen schönen Ort zum Wohnen und zum Kreieren. Was die Weimarer machen und hoffen, müssen sie natürlich selbst entscheiden, aber ich würde sagen, ich bin dort eher als Privatperson nicht als Pop-Hoffnung.
Was zieht dich nach Weimar?
Ich habe mich einfach in dieses kleine Städtchen verliebt und ich wollte schon seit längerer Zeit aufs Land oder mehr in die Natur gehen. Jetzt probiere ich es einfach mal. Natürlich bin ich trotzdem noch oft in Berlin und viel unterwegs, aber mein Wohn- oder Balanceort ist in Weimar. Es macht für mich sehr viel aus von Natur und Schönheit, aber auch Kreativität umgeben zu sein.
An welchem Ort in Weimar verbringst du am liebsten Zeit?
Ich bin wirklich gerne im Ilmpark. Die wilden, alten Bäume, das hohe Gras und der Fluss, der sich dort durchschlängelt, gefallen mir sehr. Man hat plötzlich das Gefühl, als wäre man nicht mehr in der Stadt, sondern irgendwo mitten in der Natur. Die Landschaft hat eine Zeitlosigkeit und ist sehr friedlich.
Hast du ein Lieblingscafé oder Restaurant?
Was immer eine sichere Bank ist, ist die Brotklappe, aber ich bin auch gerne im Café Lieblingsgarten, das ist ein bisschen versteckter. Jetzt habe ich ein wenig Angst, dass ich dort keinen Platz mehr bekomme, wenn ihr das Interview veröffentlicht (lacht).
Am 6. Februar spielst du im Kassa in Jena. Warst du dort schon? Und freust du dich auf den Auftritt in deiner neuen Heimat?
Ich freue mich total. Wir waren letztes Jahr schon mal dort und das war sehr schön. Man fühlt sich dort immer sehr warm aufgenommen. Die Crew ist auch sehr nett. Ich erinnere mich daran, dass wir dort mal früh am Morgen ankamen und einfach ein riesiges Schiff aus Obst mit einem Schoko-Fondue für uns bereitstand. Das werde ich niemals vergessen.
Wenn man gerade auf die aktuellen politischen Begebenheiten schaut, sieht es in Thüringen leider etwas mau aus. Findest du, dass Thüringen für andere Dinge bekannt sein müsste?
Absolut. Ich bin nun auch Thüringerin und ich liebe es. Wir müssen genauso viel Spotlight auf die schönen Dinge lenken wie auf die Sachen, die momentan noch nicht wirklich funktionieren. Deshalb kommen wir ja und spielen Musik – um etwas Schönes zu bieten.
Hard Facts:
- Catt in Jena: 6. Februar | Einlass: 19 Uhr | Beginn: 20 Uhr | Kassablanca
- Mehr: catt-music.com | www.kassablanca.de
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