Nachmittags ist Simon Radiomoderator, abends steht er als Krom auf der Bühne. Im Battle-Rap hat er sich einen Namen gemacht. Nun will Krom zu einer Musik zurück, in der nicht nur schnelle Reime stecken, sondern persönliche Einblicke, ostdeutsche Identität und politische Statements. Auf seiner ersten Tour zeigt er das in Jena, Erfurt und Greiz.
Wie ist es, zurück in Thüringen zu sein?
Aus Thüringen weggezogen bin ich 2017. Vor allem Weimar fühle ich mich verbunden, weil ich hier Medienkultur und Medienkommunikationswissenschaften studiert habe. In Jena bin ich viel aufgetreten, da gab es vor allem im Café Wagner regelmäßig Rap Cyphers. Da habe ich so richtig angefangen zu freestylen. Und in Erfurt waren wir auch viel unterwegs. Für mich ist es also immer musikalisch ein Zurückkommen, aber natürlich sind hier auch noch viele Freunde von mir. Es gibt mir auf jeden Fall ein Zuhause Gefühl
Du arbeitest hauptberuflich beim Radio. Wie lässt sich das mit der Musikkarriere vereinen?
Das lässt sich sehr gut vereinen, gerade jetzt in meiner Situation, weil ich Freiberufler bin. Ich habe von Montag bis Freitag meine feste Sendung, immer von nachmittags bis 18 Uhr. Das gibt mir den Raum, meinen Zweitberuf auszuüben. Die Musik war früher mein Hobby, inzwischen ist sie mein zweites Standbein. Ich stehe morgens auf, mache meinen ganzen Organisationskram. Dann mache ich Radio und am Abend widme ich mich der Musik, beim Aufnehmen oder Proben zum Beispiel.
Würdest du dafür werben, dass mehr Hip-Hop im Mainstream-Radio gespielt wird?
Ich weiß gar nicht, ob der da platziert werden muss. Ich habe gerade erst einen neuen Track rausgehauen und ich glaube, wenn der im Radio gespielt werden würde, würde ich was falsch machen. Radiomusik muss eine große Masse ansprechen. Die Musik soll nicht nerven und immer wieder gespielt werden können. Bei mir ist es sehr textuell, ziemliche Kopfnicker-Beats und es ist schon sehr nischig. Wir sprechen ein Publikum an, das unter den klassischen Radiohörern nicht zu finden ist. Abgesehen davon rappe ich jeden Tag in meiner Sendung. Das ist eine Freestyle-Challenge mit Wörtern, die Hörer einschicken — Immer ganz geil, weil ich meinen Hauptberuf mit dem Rappen verbinden kann. Und das kann bei den Hörern die ersten Berührungspunkte mit Rap schaffen.
Welche Themen sind dir in der Musik wichtig?
Es soll vielschichtig und selbstreferenziell sein. Natürlich verarbeite ich darin mein Leben. Ich habe es erst in den letzten Jahren gelernt, über mein Leben zu rappen. Mir fiel es sonst immer leicht, über ein beliebiges Thema einen Track runterzuschreiben, easy. Aber mich von innen für die Leute zu öffnen, fiel mir immer ultraschwer. Meine Musik hat auch immer einen politischen Inhalt. Man kann mich nie losgelöst von politischen Themen betrachten. Auf unseren Konzerten gibt es immer politische Statements. Das rührt wahrscheinlich auch von meiner Herkunft. Ich komme ursprünglich aus Hoyerswerda. Da gab es ja 1991 die rechtsextremen Ausschreitungen. Ich habe das Gefühl, die Stadt hat mir die Verantwortung mitgegeben, das Thema in meiner Musik zu verarbeiten.
Du hast dir im Battle-Rap einen Namen gemacht. Hast du das jetzt hinter dir gelassen?
Die meisten meiner Zuhörer:innen kennen mich aus der Battle-Rap-Szene. Das hat einen ziemlichen Nachhall, ich werde immer mal wieder erkannt. Für mich steht fest: Ich werde immer, auf jeder Show, auch freestylen. Ich springe immer noch mal in die Masse runter und dann wird oldschool rausgehauen. Das wollen die Leute natürlich sehen. Aber ich komme ursprünglich aus der Musik und ich will auch wieder zu der Musik hin. Man sagt ja Battle-Rappern nach, dass sie nicht fähig sind, gleichzeitig Musik zu machen. Ich will dazu ein Gegenbeispiel sein.
Wirst du allein auf der Bühne stehen?
Nein, dabei ist die Kromgang, SzumH, mein Backup-MC und Rapper, und DJ Pint, der auch mal scratchen wird. Mein Bruder wird am Schlagzeug sitzen. Der studiert Jazz-Schlagzeug und von ihm habe ich mir gewünscht, dass er mich unterstützt, weil ich auf der Tour 30 werde. Bei jedem Auftritt wird auch Lexn dabei sein, der Vor-Act spielt. Und wir haben an jedem Spot einen lokalen Vor-Act — Leute mit denen ich in meiner Vergangenheit in Berührung gekommen bin. Meine Mit-Radiomoderatorin Nathali wollte unbedingt am Merch-Stand stehen. Alle kommen zusammen und es fühlt sich wie eine Klassenfahrt an. Und irgendwie machen wir noch Musik dabei. Das ist ganz geil.
Für Hörer, die dich nicht kennen: Wo ordnest du dich stilistisch ein?
Es ist klassischer Hip-Hop. 90 bpm, KopfnickerSound, sehr original und authentisch. Wir sind sehr nah am Handwerk dran. Es geht viel um Reimketten, um Reimtechnik. Es geht um das Wechselspiel zwischen Bühne und Zuschauern, Call and Response. Es ist ein klassischer Hip-Hop ohne viele Kraftausdrücke. Das kann man auch den Schwiegereltern zeigen, ohne dass die ein Problem damit haben sollten.
Familienfreundlich?
Ja, familienfreundlich (lacht). Es kommen auch immer ein paar ältere Leute. Wir haben im Publikum wirklich ein breites Spektrum. Das hat mit dem Modus-Mio-Hip-Hop und Spotify-Playlists nichts zu tun. Davon distanziere ich mich auch stark.
Das ist kein Ziel für dich?
Nein, auch da hätte ich was falsch gemacht, wenn ich das erreichen würde. Es gibt so viele Autotune-Rapper, die sich von anderen Leuten etwas schreiben lassen. Das ist nicht die Kunst, die ich machen will. Hip-Hop sieht von außen aus wie ein großes Sammelbecken, in das viele Musiker eingeordnet werden. Aber wenn man genau hinschaut, ist es so feingliedrig mit vielen einzelnen Untergenres. Und da spreche ich eine Nische an.
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Deine Tourstopps sind allesamt im Osten. Ist das Zufall?
Nein. Ich glaube, dass die Identifikation für mich eine große Rolle spielt. Das habe ich aber auch erst spät gemerkt. Klar, wenn ich in Leipzig oder Halle auf der Bühne stand, hatte ich dort immer die meisten Sprechchöre und Applaus, weil die Leute dort die Verbindung zu mir gespürt haben. Im Battle-Rap ist es relativ selten, dass Leute aus den neuen Bundesländern darin stattfinden. Das spielt auch eine Rolle. Ich bin kein Typ dafür, klassisch die Ost-Städte herunterzubeten und mir dafür Applaus zu kassieren. Aber ich habe in den Städten am meisten gemacht und von daher macht es Sinn, dort aufzutreten. Aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt bekomme ich den meisten Support für meine Musik.
Was steht für dich nach der Tour an?
Erstmal einen Monat chillen. Ich will einfach mal einen Abend auf der Couch verbringen und all das machen, was ich die letzten drei Monate nicht machen konnte. Die Festivalsaison ist aber auch schon im Kommen. Ich werde beim „Sputnik Springbreak“ wieder moderieren und hier und da auch auf der Bühne stehen. Ich spielen auf dem „Ab geht die Lutzi! Festival“ in Franken. Vielleicht bin ich auch wieder auf dem „Splash Festival“. Die Sommer-Termine sind schon sehr voll. Ich werde zudem viel aufnehmen und will mich in diesem Jahr selbst beschenken mit einer EP auf Vinyl.
Hard Facts:
- Krom auf Tour in Thüringen: am 21. März in Jena | am 22. März in Erfurt | am 23. März in Greiz
- Alle Infos und Tix unter: www.kromgang.de