Bei The Fryology Theatre aus Jena dreht sich alles um Kartoffeln. Klingt komisch? Ist aber so! Dazu hatte ich selbst viele Fragen – Sänger Viktor hat sie mir beantwortet.
Beim Hören eurer Musik fällt schnell auf, dass sich alle eure Songs um das Thema Kartoffeln drehen. Wie in aller Welt kommt man auf diese Idee?
Es fing alles 2009 beim Pommesessen in Jena an. Wir waren damals recht hungrig und mit unseren Studiengängen unzufrieden. Im Laufe des Mittagessens kam uns beim zweiten Bier die Eingebung, dass wir etwas an der hiesigen Kartoffelkultur ändern wollen und haben inoffiziell den Lehrstuhl für Frittologie (engl. „fryology“) gegründet, um die Knolle wieder sexy zu machen. Zufälligerweise konnten wir auf unseren Instrumenten auch drei Akkorde spielen und so ging es kurz darauf in den Proberaum. Elf Jahre später verfolgen wir diesen Weg immer noch und versuchen den Menschen in unseren Texten unsere Sicht auf die Welt vom Acker näher zu bringen.
Mal abgesehen von eurem Hang zur Kartoffel – was muss man über The Fryology Theatre noch wissen?
Wir haben mittlerweile sogar einen vierten Akkord gelernt. Darüber hinaus werden wir oft als spaßige Knusperband missverstanden, dabei geht es bei uns um mehr. Wir schreiben in unseren Texten über all das, was uns bewegt. Von zwischenmenschlichen Beziehungen, Naturschutz, sozialen Missständen, Hunger, der erfolgreichen Migrationsgeschichte der mittlerweile heimischen Kartoffel – allein die Titel der Songs sind recht albern. Doch es hilft, den Boden des Kartoffelfeldes ab und an aufzulockern. Als Beispiel hierfür lege ich euch unser Musikvideo „Licence To Grill“ ans Herz, denn auch über Essen müsse wir reden. Um unser Portfolio zu erweitern gründeten wir nebenbei unseren Punkableger „KnollenfOile“, eine Band in der wir mit Augenzwinkern, aber politischer agieren als bei Fryology, getreu dem Motto: „Wir brauchen keine Bullen, wir brauchen keinen Staat, wir brauchen keinen Gott wir haben Kartoffeln und Quark“.
Einig eurer Songs erinnern an Motörhead, andere sind sehr punkig, manche wiederum gehen in die Hardcore-Richtung. Spiegelt das den unterschiedlichen Musikgeschmack der Bandmitglieder wider?
Freilich. Wir lassen uns dahin treiben, wohin uns der Erdapfel führt. So unterschiedlich wir als Menschen und Musiker sind, so variabel sind die Songs in ihrem Stil, es existieren ja auch hunderte verschiedene Kartoffelsorten auf der Welt. Dass wir neue Songs nicht vorab nach bewährten Schemata schreiben, sondern stets zusammen im Proberaum entstehen lassen, ist vielleicht der Grund für die relativ große Bandbreite. Auf diesem Weg lässt jeder von uns seinen Musikgeschmack und seine Ideen einfließen, und am Ende kommt aus dieser Vielfalt ein Ganzes heraus, das wir uns dann irgendwie merken müssen. Zudem ist die Weiterentwicklung unseres Sounds von Album zu Album elementar, damit wir uns nicht in einen faden, zusammengestampften Kartoffelbrei verwandeln, dem es an Butter fehlt.
Euer aktuelles und drittes Album „Overgrill“ erschien 2018. Habt ihr schon was Neues in Planung?
Wir sind, je nachdem wie es gerade möglich ist, fleißig am Songs entwickeln. Kommendes Frühjahr wollen wir wieder in unser Haus-und-Hof-Studio in Jena um ein neues Album aufzunehmen. Wir haben ja momentan recht viel Zeit an unserem Sound zu feilen, damit das neue Album das vorherige klanglich übertrifft. Themen für neue Texte gibt es derzeit genug und die Kartoffel schläft bekanntlich nie. Ihr könnt euch also 2021 auf ein frisches Knollenwerk freuen, das wir dann hoffentlich auch wieder live aufkochen können.
Momentan kann man ja nur in Erinnerungen an Live-Konzerte schwelgen. Welcher Auftritt von euch kommt dir als erstes in den Sinn und warum?
Wir sind eher auf der Bühne zuhause als im Studio, denn mit Publikum schält es sich besser. Einen bestimmten Auftritt auszuwählen ist schwer, jeder einzelne hat seine Besonderheiten. Mit anfangs fremden Leuten zusammenzukommen, zu reden, Spaß zu haben, taub und werden und am Ende eine Familie zu sein – das ist wie bei einem guten Essen und macht diese Abende aus. Ob nun 3 oder 300 kommen ist dabei nebensächlich, genauso ob wir in einer Scheune übernachten oder gar nicht schlafen, beim Auftritt am folgenden Tag in einer anderen Stadt keine Stimme mehr haben oder jemand mit dem Auto vor der Bühne langfährt, alle Konzerte haben ihre Magie. Das möchten wir wieder erleben und mit allen anderen aus Kunst und Kultur etwas Positives erschaffen. Es wird wieder angerichtet. Wir sind hungrig.
Hard Facts:
- Musik von The Fryology Theatre findet ihr auf Bandcamp.
- Besucht die Band auch auf der Homepage, Facebook, Instagram und YouTube.
Mehr coole Bands für euch:
-
Ronja Rockt: Traumfresser über Verschwörungschwurbler und Drohungen von Xavier Naidoo Fans
-
Ronja Rockt: „Stadt Land Flucht“ – 100 Kilo Herz droppen neue Platte
-
Liebe, Herzschmerz und Autofahrten – Mamoré ist die “neue” Neue Deutsche Welle