Annika Bosch liebt den Wald. Dort lauscht sie den Vögeln, den Blättern, dem Wasser. Sie erholt sich vom Alltag und findet Inspiration: „In the Woods“ heißt einer ihrer experimentellen Songs aus dem Jahr 2017, die Zeile „Hüpfen und schmettern, bauen und klettern, stromern und wundern – Wälder erkunden“ findet sich auf ihrer neuesten Veröffentlichung.
Jazz, Pop und Kinderlieder made in Weimar
Nominell ist diese vierte CD kein Jazz und kein Pop, sondern ein Kinderhörspiel: „Nepomuk und der Rabel“ heißt es. Annika Bosch hat komponiert und getextet, Freunde fungierten als Musiker, Producer und Art-Direktoren des Gesamtkunstwerks für die ganze Familie. Die Hauptfigur ein Vogel, ein Star, dem seine Eltern den Namen Rabel gegeben haben: „Sie fanden das witzig“, sagt der kleine Star eingangs trocken. Kinder wollen am Ende des rund 40-minütigen Hörspiels gleich wieder von vorne anfangen und, anders als bei so vielen anderen Kinder-CDs, können Erwachsene auch im Raum bleiben und zuhören, ohne sich zu gruseln. „Das Ziel war es, Musik und Geschichte so zu konzipieren, dass beides auch getrennt funktioniert und Raum für Folgegeschichten lässt“, so Bosch.
Drei berufliche Leidenschaften
Annika Bosch ist weit mehr als eine Kindermusikerin. Die 38-jährige Sopranistin und Jazz-Sängerin mit der glockenhellen, aber niemals exaltierten Stimme versucht erfolgreich, drei berufliche Leidenschaften unter einen Hut zu bringen: Zum einen präsentiert sie ihre eigenen Pop-Jazz-Kompositionen als Nica L’Hiver mit Band, als Duo Cayoux mit einem Kontrabassisten oder als Sängerin klassischer Jazzstandards mit ihrem seit vielen Jahren bestehenden Annika Bosch Quartett. Zum anderen liebt sie es, klassische Partien im Chor zu singen, arbeitete schon als klassische Stimmbildnerin und Solistin. Choreographen haben ihre Kompositionen aufgegriffen und Tanz-Performances dazu entwickelt, bundesweit angesagte Acts wie Chapeau Claque oder Catt haben sie als Opener engagiert.
Neugierde und ästhetische Erfahrung von Kindern fördern
„Und dann unterrichte ich mindestens ebenso gerne wie ich auf der Bühne stehe“, ergänzt Bosch, die in Weimar Musik studiert und derzeit noch einen Master in elementarer Musikpädagogik macht. „Ich liebe es, das Gefühl bei Kindern für Musik zu stärken, ihre Neugierde und ihre ästhetische Erfahrung zu fördern.“ Wer ihrem Hörspiel „Nepomuk und der Rabel“ lauscht, entdeckt schnell, wie Kindern im Fluss der Geschichte anspruchsvolle rhythmische Konzepte nähergebracht werden und wie die Geschichte der Vögel, die winters in den Süden ziehen, das Verständnis für andere Kontinente und verschiedene Musikgenres schärft.
Dankbar für weitere Standbeine
Bosch arbeitet also nicht nur als Künstlerin, sondern auch als Musikpädagogin – sowie als Lehrbeauftragte an der Universität Erfurt. „Gerade in einem Jahr wie 2020 bin ich dankbar, nicht nur Künstlerin zu sein, sondern weitere Standbeine zu haben“, gibt sie zu. „Viele Kulturschaffende müssen derzeit um ihre Existenz bangen!“
Hoffnung für die Zukunft
Bosch wurde für ihre Arbeit jüngst von der Kulturstiftung Thüringen ausgezeichnet. Das Stipendium ermöglicht es ihr, in diesem Jahr mit dem Kinderhörspiel Konzerte für sozial benachteiligte Kinder zu spielen. Auch hofft sie, bald wieder mit Cayoux und Nica L’Hiver auftreten zu können und vielleicht werden Menschen 2021 ja auch wieder in größeren Kreisen feiern dürfen – und brauchen dafür ein exzellentes Jazzquartett. Aber bis dahin begegnet die Wahl-Thüringerin der Situation mit einem Spruch ihrer alten Heimat Sigmaringen, nördlich des Bodensees: „S’Leba isch koin Schlotzer“, sagt sie, lacht und ergänzt: „Nützjanüscht!“
Hard Facts:
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